Da es schon am Vormittag geregnet hat und wohl auch den ganzen Nachmittag regnen wird, wenn man dem Wetterbericht vertraut, habe ich heute viel Zeit um euch von meinem letzten Wochenende zu erzählen. Es war ein verlängertes Wochenende weil es das 2. Wochenende im Monat Oktober war und die Japaner immer am zweiten Montag im Oktober ihren Nationalfeiertag haben. Es ist der „Gesundheit und Sport“ Tag der Japaner weil die Olympischen Spiele in Tokyo 1964 an diesem Tag eröffnet wurden. Dieses lange Wochenende habe ich genutzt um am Samstag auf einen Berg zu steigen und am Montag mit Kollegen aus München und Heidelberg ebenfalls einen Ausflug in die Berge zu unternehmen. Zuerst aber zu meinem Ausflug alleine auf den Berg Kumotori.
Ich hatte in der Woche vor meinem Ausflug durch Zufall einen meiner Experimentalphysik Kollegen aus München bei einem Seminar an der Todai Universität in Tokyo getroffen. Der ist ein Garchinger Urgestein (dort geboren und aufgewachsen) und passionierter Bergsteiger. Er war auch schon im Himalya und konnte natürlich seinen Aufenthalt in Japan nicht ohne die Besteigung des Fujis vergehen lassen. Er hat mir dann auch Materialen per Email über Anreise und Aufstieg auf den Fuji zugeschickt. Allerdings ist die Saison für Fuji-Besteigungen schon ab September zu Ende und die Anreise kompliziert und langwierig (in etwa 5 Stunden nur der Hinweg). Deshalb und weil ich mich immer noch unsicher fühle beim Zugfahren in Japan, es kommt durchaus vor, dass man in einem Zug sitzt in dem alle Stationen nur in japanischen Schriftzeichen und alle Durchsagen nur in japanisch sind, habe ich mich entschieden einen Berg zu besteigen der näher an Tokyo liegt.
Meine Wahl ist auf den Berg Kumotori gefallen. Er ist 2017 Meter hoch, man hat von oben einen guten Blick auf den Fuji und man kommt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Tokyo innerhalb von drei Stunden an den Berg. Also habe ich Google um einen Plan mit allen nötigen Umsteigstellen gebeten und mich in der Früh um 6 auf den Weg gemacht. Zu meiner Überraschung gab es dann aber auch prompt eine U-Bahn die Google mir andrehen wollte komplett nicht und stattdessen saß ich in einer der oben erwähnten Linien die eigentlich nur für Muttersprachler gemacht sind. Nach einer halben Stunde japanische und chinesische Schriftzeichen im U-Bahnfahrplan und meiner App mit dem gesamten Bahnnetz von Tokyo Vergleichen, bin ich aber dann doch noch in der richtige Bahn gelandet die mich in die Berge bringt. Doch da hat auch schon die nächste Herausforderung auf mich gewartet. Ich musste noch mit einem Bus weiter an den letztendlichen Einstiegspunkt für meine Tour. Zum Glück konnte ich aber einem der herumstehenden Busfahrer die vorher ausgedruckte Version meines Einstiegsorts in japanischen Schriftzeichen zeigen und er hat sich wirklich rührend um mich gekümmert. Er hat mir den Bus gezeigt in den ich einsteigen muss und auch dem Busfahrer noch mal gesagt dass er mich 37 Haltestellen später rausschmeißen soll. Bei dem ganzen hin und her habe ich dann auch noch eine japanische Familie mit belgischem Freund getroffen die den selben Berg wie ich besteigen wollten. An die habe ich mich auch dann am ersten Teil des Weges hingehängt bis ich die chinesischen Schriftzeichen für den Berg Kumotori mir gemerkt hatte. Die Busfahrt geht an einem schönen Gebirgssee mitten in völlig bewaldeten Bergen entlang und endet dann auf einer Höhe von etwa 500 Metern über normal Null. Das heisst man hat 1500 Höhenmeter zu überwinden um auf den Gipfel zu kommen. Und das habe ich dann auch ein bisschen unterschätzt weil ich es von München eigentlich gewohnt bin dass ein 2000 Meter hoher Berg eigentlich keine Herausforderung ist. Alle Japaner die mit mir auf dem Weg nach oben waren, so auch die Familie die ich schon im Bus getroffen hatte, wollten den Berg in einer 2 Tagestour machen. Deswegen musste ich mich beeilen und war schon bald nicht mehr mit der japanischen Familie und ihrem belgischen Freund unterwegs. Japanische Berge sind sehr stark bewaldet und der ganze Weg auf den Gipfel führt immer im Schatten von Zedern entlang. Teilweise wächst auch noch schulterhoch Schilf unter den Zedern. Kurz vor dem Gipfel kommt eine kleine Hochebene auf der die meisten Japaner ihr Zelt aufschlagen. Dafür war ich leider nicht ausgerüstet sondern musste schnell auf den Gipfel um noch bei Licht wieder vom Berg runter zu kommen und den letzten Bus zum Bahnhof zu erwischen. Von oben hat man wie angekündigt einen herrlichen Blick auf den Fuji und auch die tokyoter Bucht lässt sich komplett einsehen. Am Gipfel habe ich dann ein Paar Fotos mit Selbstauslöser gemacht und mich mit einem alten japanischen Ehepaar unterhalten dass schon mal in Deutschland war und dann musste ich mich auch schon an den Abstieg machen um nicht zu spät runter zu kommen. Das hat dann aber auch wunderbar geklappt und ich bin nach einem weiteren kleinem Umweg im U-Bahnnetz von Tokyo um 10 Uhr Abends glücklich und erschöpft wieder in meiner Wohnung auf dem RIKEN Forschungsgelände angekommen.
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